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Ich
kann mir das fragende Unverständnis mancher Leser richtig vorstellen:
Warum berichtet der Cyberfahnder immer wieder über ganz merkwürdige
Entscheidungen der obersten Gerichte und warum gerade über solche
abgelegenen Themen wie "Schaden", "Beweiswürdigung" oder andere
uninteressante Details?
Die Antwort gibt der BGH (1):
Dass die
Strafkammer den tatbestandlichen (Eingehungs-) Betrugsschaden in der
Gesamthöhe der eingegangenen Verpflichtung der Auto(miet)käufer sieht
(...) ist rechtsfehlerfrei. Dies entspricht der
Rechtsprechung des Senats (<z 1>
BGH, Beschluss vom 18. Februar 2009 - 1 StR
731/08, Rn. 10 ff.) und genügt den vom Bundesverfassungsgericht hierzu
zunächst zum Vermögensnachteil bei der Untreue (<z 2> BVerfG, Beschluss vom
23. Juni 2010 - 2 BvR 2559/08, 2 BvR 105/09, 2 BvR 491/09 - Rn. 150 ff.)
und nun entsprechend zur Bestimmung des tatbestandlichen Schadens beim
Betrug (<z 3> BVerfG, Beschluss vom 7. Dezember 2011 - 2 BvR 2500/09, 2 BvR
1857/10 - Rn. 170 ff.) gesetzten Maßstäben.
Über z 1
berichtete ich am 31.01.2010 (2),
über z 2 am 15.08.2010
(3) und über
z 3 am 08.01.2012
(4). Wenn das kein Riecher ist ... ?
(1)
BGH, Beschluss vom 11.01.2012 - 1 StR 585/11, S. 3
(2)
Beeinträchtigung und Verlust, 31.01.2010
(3)
BVerfG: Bezifferter Gefährdungsschaden, 15.08.2010
(4)
Gefährdungsschaden und Schwellengleichheit, 08.01.2012 (allerdings
mit einem Tippfehler beim Datum der Entscheidung).
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Der
BGH ist momentan sparsam bei der Veröffentlichung neuer Entscheidungen.
So kommt auch diese zu ihrem Recht:
Grundsätzlich ist der Tatrichter bei seiner Beweiswürdigung frei (
§ 261 StPO); von ihm gezogene Schlussfolgerungen müssen nur
möglich, nicht aber zwingend sein. Getroffene Feststellungen sind erst
dann rechtsfehlerhaft, wenn sie sich von einer festen Tatsachengrundlage
sehr entfernen, dass sie letztlich bloße Vermutungen sind (...) und
deshalb keine objektiv hohe Wahrscheinlichkeit mehr für ihre Richtigkeit
besteht (...). So liegt es hier.
BGH, Beschluss vom 07.12.2011 - 4 StR 517/11, Rn 4
Eine
sinnvolle Wiederholung und Zusammenfassung liefert diese Passage:
Sind an
einer Deliktserie mehrere Personen als Mittäter, mittelbare Täter,
Anstifter oder Gehilfen beteiligt, ist die Frage, ob die einzelnen Taten
tateinheitlich oder tatmehrheitlich zusammentreffen,
bei jedem Beteiligten gesondert zu prüfen
und zu entscheiden. Maßgeblich ist dabei der Umfang des erbrachten
Tatbeitrags. Leistet ein
Mittäter für alle oder einige Einzeltaten einen individuellen, nur
je diese fördernden Tatbeitrag, so sind ihm diese Taten
- soweit keine natürliche Handlungseinheit vorliegt - als
tatmehrheitlich begangen zuzurechnen. Eine darüber hinaus gegebene
organisatorische Einbindung
des Täters in das betrügerische Geschäftsunternehmen ist in diesen
Fällen nicht geeignet, die Einzeldelikte der Tatserie rechtlich zu einer
Tat im Sinne des § 52 Abs. 1 StGB zusammenzufassen. Fehlt es an einer
solchen individuellen Tatförderung, erbringt der Täter aber im Vorfeld
oder während des Laufs der Deliktsserie Tatbeiträge, durch die alle oder
mehrere Einzeltaten seiner Tatgenossen gleichzeitig gefördert werden,
sind ihm die gleichzeitig geförderten
einzelnen Straftaten als tateinheitlich begangen zuzurechnen,
da sie in seiner Person durch den einheitlichen Tatbeitrag zu einer
Handlung im Sinne des § 52 Abs. 1 StGB verknüpft werden. Ohne Bedeutung
ist dabei, ob die Mittäter die einzelnen Delikte tatmehrheitlich
begangen haben (...).
BGH, Beschluss vom 22.12.2011 - 4 StR 514/11, Rn 3
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