Bundesgerichtshof, Beschluss vom 24.06.2010 - StB 15/10
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Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 24. Juni 2010 gemäß
§ 304 Abs. 5 StPO beschlossen:
Die Beschwerde des Generalbundesanwalts gegen den Beschluss des
Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs vom 25. Mai 2010 (2 BGs 140/10) wird auf Kosten der Staatskasse
verworfen.
Gründe:
Mit dem angefochtenen Beschluss hat der Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs es abgelehnt, dem Einsatz eines Verdeckten Ermittlers
gegen
die Kontaktperson der Beschuldigten V. und M. mit dem mutmaßlichen Namen
A. alias "..." für die Dauer von
drei Monaten zuzustimmen ( § 110a Abs. 1 Nr. 2,
§ 110b Abs. 2 Satz 1 Nr.
1 StPO).
Die dagegen gerichtete Beschwerde des Generalbundesanwalts bleibt
ohne Erfolg. Dabei kann dahinstehen, ob zureichende tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass eine Straftat von erheblicher Bedeutung auf
dem Gebiet des Staatsschutzes begangen worden ist; zur Durchführung der
geplanten Ermittlungsmaßnahmen bedarf es des Einsatzes eines Verdeckten Ermittlers nicht, vielmehr reicht ein nicht offen ermittelnder Polizeibeamter
aus (zur Abgrenzung vgl.
BGHSt 41, 64, 65 f.;
...). Der Maßnahme steht daher
§ 110a
Abs. 1 Satz 3 StPO entgegen.
Die Ermittlungsbehörde beabsichtigt, mit der Person mit dem mutmaßlichen Namen
A. in der Weise in Kontakt zu treten, dass
auf deren an eine E-Mail-Adresse des Beschuldigten V. gerichtete Anfrage durch einen Polizeibeamten geantwortet und dabei der Eindruck
erweckt
wird, es handele sich um eine E-Mail des Beschuldigten. Sollte die
Person darauf reagieren, ist eine Fortsetzung des Austausches von E-Mails beabsichtigt.
Weitere Einsatzmöglichkeiten sind nicht gegeben. Ein persönlicher
Kontakt mit
der Person ist mangels näherer Kenntnisse zu deren ldentität nicht
möglich. Der Polizeibeamte wird weder eine Wohnung betreten noch Dritten
gegenüber
mit einer Legende in Erscheinung treten müssen.
Es ist allein eine
Kommunikation im lnternet unter Verschleierung der ldentität des Polizeibeamten
geplant
(...).
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Mit der
Abgrenzung zwischen dem NoeP einerseits und dem VE andererseits befasst
sich der links abgebildete, bislang nicht veröffentlichte Beschluss des
BGH vom 24.06.2010 - StB 15/10. Ihm liegt eine Entscheidung des
Ermittlungsrichters des BGH zugrunde, der eine Zustimmung zu einem VE-Einsatz
abgelehnt hatte. Das bestätigt der Strafsenat unter Hinweis auf
§ 110a
Abs. 1 Satz 3 StPO, weil auch das minder schwere Ermittlungsmittel "NoeP"
zur Verfügung stände.
Im letzten
Absatz des Beschlusses wird die beabsichtigte Ermittlungsmaßnahme
angesprochen und ich
stimme ihm zu, dass es sich dabei um einen sachlich, räumlich und
zeitlich umgrenzten Ermittlungsauftrag handelt, wobei
allein eine
Kommunikation im lnternet unter Verschleierung der ldentität des Polizeibeamten
geplant ist und es um die Kontaktanbahnung zu einer noch
unbekannten Person unter der Identität des Beschuldigten geht.
Die
Entscheidung des BGH signalisiert, dass sowohl der Nutzung der Identität
des Beschuldigten als auch der verdeckten Kontaktaufnahme zu Personen im
Täterumfeld keine durchgreifenden Bedenken entgegenstehen.
Seine Auseinandersetzung mit der unbekannten Identität des Betroffenen greift
recht kurz, weil ihm nicht deshalb die geschützte Rolle des
Beschuldigten im Sinne von
§ 110b Abs. 2 StPO fehlt, weil seine Identität unbekannt ist,
sondern weil ihm keine konkrete Tatbeteiligung vorgeworfen wird
(3).
Auch ein
zweiter Aspekt gerät kurz in dem Beschluss und das ist die Dauer der
geplanten Maßnahme. Sie ist von der GBA zunächst auf drei Monate
ausgelegt gewesen und das reicht weit über das hinaus, was als ein
räumlich und zeitlich umgrenzter Ermittlungsauftrag für einen NoeP
angesehen werden kann.
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