16.06.2012
Meine
Urlaube
auf Kreta dienen mir auch dazu, frei vom Tagesgeschäft meine
untergründigen Gedanken und Erkenntnisse zu entladen, die sich
angesammelt haben und nach einer strukturierten Zusammenfassung
verlangen. 2010 entstand daraus das Arbeitspapier
Netzkommunikation, das die Grundlagen für meine
Auseinandersetzungen mit dem Cyberwar schuf. Ein bis zwei Wochen Abstand
bedarf es dazu, bis nicht nur die Fakten, sondern auch ihre Wirkungen zu
Tage treten. Um sie zu fassen, brauche ich eine Kladde und einen Füller.
Mich treibt schon länger die Frage um, wie die (schon wieder)
verteilten Einzelergebnisse aus der Webseite so zusammen gefasst und
strukturiert werden können, dass sie einem jedenfalls bereiten und
interessierten Nutzer Hilfe beim Einstieg und bei der Lösung bei der
Strafverfolgung im Zusammenhang mit der Cybercrime helfen können.
Das
Arbeitspapier
Skimming #3 konzentriert sich auf das Phänomen und blendet
alle anderen aus. Dasselbe versprechen rechtliche Kommentare: Es geht um
Diebstahl, also schlage ich bei § 242 StGB nach. Ein bekannter
Großkommentar widmet dem Betrug einen kiloschweren Band; schon da
funktioniert der an der einzelnen Strafnorm orientierte (schnelle)
Zugriff nicht mehr.
Man könnte
eine Reihe auflegen: Hacking, Skimming, Botnetze, Identitätsdiebstahl,
Kontoeröffnungsbetrug, Carding, Malware, Social Engineering uvam.
Das Social Engineering spielt aber überall eine mehr
oder weniger wichtige Rolle. Bei genauer Betrachtung gilt das auch für
alle anderen Einzelthemen. Einem Einsteiger, der erst einmal nur ein
paar Puzzlesteine des Sachverhalts hat, hilft die Reihe nicht weiter. Wo
soll er anfangen? Wo hat der Autor in weiser Voraussicht die Verweise
verbaut, die der Einsteiger braucht?
Ein
gedrucktes Buch hat einen besonderen Charme. Man kann es nicht nur
dekorativ ins Regal stellen, sondern auch seine Seiten über den Finger
fließen lassen, es aufklappen und sich festlesen, wieder abbrechen und
an einer andern Stelle fortsetzen. Das gilt besonders für Lexika. Diese
Methode ist ungeeignet, um ein Erkenntnisproblem zu lösen. Dazu bedarf
es Stichwörter oder anderer Marker, die weiter helfen.
Ein
Handbuch zum Cybercrime-Strafrecht braucht mindestens drei
Hauptbestandteile:
Eine technisch und tatsächlich ausgerichtete Einführung, die sich mit
den Erscheinungsformen beschäftigt und sie ständig fortgeschreiben muss.
Sie muss kontinuierlich überarbeitet werden, um neue Erscheinungsformen
phänomenologisch den schon bekannten Entwicklungssträngen und damit den
rechtlichen Lösungen zuzuordnen, die bereits entwickelt wurden.
Einen Kommentar, der jeweils eine Linie der Phänomene aufnimmt und sie
löst. Hier ist die Hauptarbeit zu leisten, weil der Kommentar die
Bestandsaufnahme aus der Einführung zunächst strukturieren und an sie
zurückgeben muss, um sie für die weitere Fortschreibung zu optimieren.
Er darf sich auch nicht in Details verlieren. Sie gehören in den:
Werkzeugkasten. In ihn gehören die tatsächlichen und rechtlichen
Bausteine über die Funktionen und Strukturen der Informations- und
Kommunikationstehnik, den bargeldlosen Zahlungsverkehr, die Täterschaft
und Teilnahme, den Versuch und die Vorbereitung, das Urkundsstrafrecht,
die Distanzdelikte uvam, die immer wieder und an verschiedenen Stellen
des Cybercrime-Strafrechts bedeutsam werden.
Alle drei
Hauptbestandteile müssen ständig überarbeitet und aktualisiert werden.
Dabei müssen auch ihre Wechselwirkungen beachtet und angepasst werden.
Ein Buch aus Papier kann das (zunächst) nicht leisten, weil es eine
Momentaufnahme ist und (noch) nicht auf gesicherte Strukturen zurück
greifen kann (Gesetze, gesicherte Definitionen, Standards bei ihrer
Fortschreibung). Ich bin auch noch sehr unsicher, wie der Nutzer eines
Buches von den ihm bekannten Sachverhalts-Bruchstücken als Einstieg über
eine abgesicherte strukturelle Beschreibung der Phänomene zu einem
rechtlichen Bezugsrahmen geführt werden kann, der ihm zu einer Lösung
und Perspektive im Einzelfall füht.
Diese
Anforderungen kann eigentlich nur ein sehr diszipliniertes CMS mit
klaren Strukturen und mehreren Autoren leisten, die sich einem
ergebnisoffenen Projektmanagement unterwerfen. Das klingt nach einem
Widerspruch in sich, weil ein Projekt immer klar auf ein Ziel gerichtet
ist. Dieses Ziel ist jedoch abstrakt und eher ein Programm (als Haube
über zuarbeitende Zulieferungen), weil es sich die tatsächliche
Erfassung, Strukturierung und rechtliche Feinarbeit an der Cybercrime zur
Aufgabe nimmt.
Darüber
gilt es weiter nachzudenken.
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