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Die
Bundesrichter zeigten keine Zweifel daran, dass in dem Fall
aufgrund der Begleitumstände ein "Bekenntnis zu einer
NS-Organisation" vorliegt - doch ist nicht dieses an sich
strafbar, sondern nur die Verwendung von Parolen oder anderen
Kennzeichen dieser Organisationen. Unter diese Regelung fallen
dem BGH nach zwar auch solche Kennzeichen, die den alten
nationalsozialistischen "zum Verwechseln ähnlich sind",
allerdings lässt sich daraus kein Verbot von Übersetzungen
ableiten.
(2)
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Naziparolen
in fremder Sprache sind nicht unbedingt strafbar (
§§ 86, 86a StGB). So sieht es der BGH in einem noch nicht
veröffentlichten Urteil vom 13.08.2009 - 3 StR 228/09 -
(3).
Durch die
Übersetzung in eine andere Sprache erfährt eine NS-Parole, die nicht nur
durch ihren Sinngehalt sondern ebenso durch die deutsche Sprache ihre
charakteristische Prägung erfahren hat, jedoch eine grundlegende
Verfremdung, die der Tatbestand des
§ 86 a StGB nicht erfasst.
(4)
Dort, wo es um die politische Auseinandersetzung und den Streit um
die öffentliche Meinung geht
(5),
muss sich das Strafrecht auf
extreme Erscheinungsformen beschränken. Insoweit ist das Urteil zu
begrüßen.
In der Vergangenheit hat der
BGH - jedenfalls im Zusammenhang mit der
Volksverhetzung (
§ 130 StGB) - Texte in englischer Sprache denen in Deutsch gleich
gestellt
(6).
Ob er sich davon abwenden wird, ist noch unentschieden.
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Die Mahnung
zur Zurückhaltung, die aus dem Urteil des BGH spricht, wird von den
politischen Protagonisten nicht immer geteilt. So hat der bayrische
Innenminister jetzt die Erweiterung der für kinderpornographische
Inhalte eingeführten
Websperren auf rechtsextreme Webseiten gefordert
(7).
Das ist die Hinwendung zum "Deutschnetz", von dem Twister spricht
(8),
und damit zu einer allgemeinen Zensur, die für die öffentliche
Diskussion tödlich ist
(9).
Demokratie und Meinungsfreiheit vertragen sich damit nicht. Sie
setzen den Zugang zu Inhalten voraus, auch wenn man sie nicht teilt und
sogar bekämpft. Um das zu können, muss man von ihnen wissen und sich auf
die Argumentation des Gegners einstellen können.
Websperren so - und (leider) richtig verstanden - können
kontraproduktiv wirken. Sie machen die Betroffenen im politischen
Meinungsstreit zu Opfern staatlicher Zensur und fördern allein deshalb
die Solidarisierung mit ihnen. Gleichzeitig verhindern die Websperren,
dass sich ihre Gegner über extreme Positionen informieren können, so
dass ihnen die Auseinandersetzung erschwert ist. Die verbleibende Kritik an
den gesperrten Inhalten muss die angegriffenen Positionen zunächst
referieren und läuft damit Gefahr, ihrerseits gesperrt zu werden.
Einen solchen Zustand möchte ich nicht haben!
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