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August 2009
16.08.2009 Kriminalität
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Die Bundesrichter zeigten keine Zweifel daran, dass in dem Fall aufgrund der Begleitumstände ein "Bekenntnis zu einer NS-Organisation" vorliegt - doch ist nicht dieses an sich strafbar, sondern nur die Verwendung von Parolen oder anderen Kennzeichen dieser Organisationen. Unter diese Regelung fallen dem BGH nach zwar auch solche Kennzeichen, die den alten nationalsozialistischen "zum Verwechseln ähnlich sind", allerdings lässt sich daraus kein Verbot von Übersetzungen ableiten. (2)
 
 

 
Naziparolen in fremder Sprache sind nicht unbedingt strafbar ( §§ 86, 86a StGB). So sieht es der BGH in einem noch nicht veröffentlichten Urteil vom 13.08.2009 - 3 StR 228/09 - (3). Durch die Übersetzung in eine andere Sprache erfährt eine NS-Parole, die nicht nur durch ihren Sinngehalt sondern ebenso durch die deutsche Sprache ihre charakteristische Prägung erfahren hat, jedoch eine grundlegende Verfremdung, die der Tatbestand des § 86 a StGB nicht erfasst. (4)

Dort, wo es um die politische Auseinandersetzung und den Streit um die öffentliche Meinung geht (5), muss sich das Strafrecht auf extreme Erscheinungsformen beschränken. Insoweit ist das Urteil zu begrüßen.

In der Vergangenheit hat der BGH - jedenfalls im Zusammenhang mit der Volksverhetzung ( § 130 StGB) - Texte in englischer Sprache denen in Deutsch gleich gestellt (6). Ob er sich davon abwenden wird, ist noch unentschieden.
 

 
Die Mahnung zur Zurückhaltung, die aus dem Urteil des BGH spricht, wird von den politischen Protagonisten nicht immer geteilt. So hat der bayrische Innenminister jetzt die Erweiterung der für kinderpornographische Inhalte eingeführten Websperren auf rechtsextreme Webseiten gefordert (7).

Das ist die Hinwendung zum "Deutschnetz", von dem Twister spricht (8), und damit zu einer allgemeinen Zensur, die für die öffentliche Diskussion tödlich ist (9).

Demokratie und Meinungsfreiheit vertragen sich damit nicht. Sie setzen den Zugang zu Inhalten voraus, auch wenn man sie nicht teilt und sogar bekämpft. Um das zu können, muss man von ihnen wissen und sich auf die Argumentation des Gegners einstellen können.

Websperren so - und (leider) richtig verstanden - können kontraproduktiv wirken. Sie machen die Betroffenen im politischen Meinungsstreit zu Opfern staatlicher Zensur und fördern allein deshalb die Solidarisierung mit ihnen. Gleichzeitig verhindern die Websperren, dass sich ihre Gegner über extreme Positionen informieren können, so dass ihnen die Auseinandersetzung erschwert ist. Die verbleibende Kritik an den gesperrten Inhalten muss die angegriffenen Positionen zunächst referieren und läuft damit Gefahr, ihrerseits gesperrt zu werden.

Einen solchen Zustand möchte ich nicht haben!
 

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(1) Klingonisch nach GerDIC

(2) Peter Mühlbauer, BGH-Urteil setzt Propagandastrafrecht Grenzen, Telepolis 14.08.2009

(3) BGH, Urteil vom 13.08.2009 - 3 StR 228/09;
Pressemitteilung: Verurteilung wegen Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen aufgehoben, BGH 13.08.2009

(4) ebenda (3)

(5) siehe auch: durchgeknallter Staatsanwalt

(6) BGH, Urteil vom 12.12.2000 – 1 StR 184/00
 

 
(7) Bayerns Innenminister fordert Sperren für rechtsextreme Web-Seiten, Heise online 15.08.2009

(8)  Twister, Vorwärts Marsch zum Deutschnetz, Telepolis 10.07.2009 

(9) Hürden genommen
 

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© Dieter Kochheim, 11.03.2018