Cybercrime | Ermittlungen | TK & Internet | Literatur | intern | Impressum |
Mai 2010 |
|
|
||||||
Auskunft der Bundesregierung über Verkehrsdaten |
|
Die letzten Jahreszahlen hat das Bundesamt für Justiz für das Jahr 2008 veröffentlich (3). Die Zahlenwerke sind nicht miteinander vergleichbar, weil sie verschiedene Erfassungszeiträume und Erhebungsvorgaben betreffen. Für den 16-monatigen Erfassungszeitraum wurden bundesweit 20.543 gerichtliche Anordnungen zur Auskunft über Verkehrsdaten berichtet. Insoweit müssen drei Gruppen von Verkehrsdaten unterschieden werden:
gespeicherte Verkehrsdaten
nach
§ 96 TKG,
Vorratsdaten gemäß
§§ 113a TKG,
aktuelle Verkehrsdaten (Protokolldaten), |
Nach der Statistik des Bundes haben knapp 12.000 Anordnungen auf die Protokollierung von aktuellen Verkehrsdaten gelautet. Auf gespeicherte wurde nur 8.551 Mal zugegriffen (retrograde Datenerhebung), das sind 41, 6 % der Zugriffsfälle. Davon entfielen 4.707 Zugriffe auf "echte" Vorratsdaten, so dass sie nur für ein gutes Fünftel aller Zugriffe nötig waren (22,9 %). Daraus folgt, dass der Zugriff auf Verkehrsdaten im Strafverfahren im Wesentlichen die Protokolldaten betrifft. Im Hinblick auf die retrograden Daten überwiegt der Zugriff auf Vorratsdaten leicht. Die Auskunft über Protokolldaten dürfte in aller Regel gleichzeitig mit einer Überwachung der Telekommunikation erfolgt sein ( § 100a StPO). Danach wurde bei der Erhebung nicht gefragt.
Wenn meine Vermutung zutrifft, dann werden Protokolldaten ganz
überwiegend im Zusammenhang mit besonders schweren Straftaten aus dem
Straftatenkatalog des
§ 100a Abs. 2 StPO erhoben, den das BVerfG als Maßstab und Grenze
für schwere Grundrechtseingriffe akzeptiert
(4). |
|||||||||||||||||||||||||||||||
geringer Anteil Vorratsdaten | |||||||||||||||||||||||||||||||||
|
Unter den Beschränkungen, die das BVerfG mit seinen Einstweiligen Anordnungen getroffen hat, erfolgten nur in diesen Fällen tatsächlich Auskünfte an die Strafverfolgungsbehörden. In den verbleibenden Fällen (29,0 %) waren die Zugangsprovider zur Speicherung und Zurückhaltung verpflichtet (Freeze-Verfahren). Diese Daten wurden jetzt, wie gesagt gelöscht. Überraschend ist die geringe Zahl der Anordnungen, die allgemeine Straftaten mittels der Telekommunikation betreffen. Mit 1.263 Verfahren machen sie gerade 12,2 % aller Ermittlungsverfahren aus. Mitursächlich für diesen kleinen Anteil könnte sein, dass die Staatsanwaltschaften gar nicht erst versucht haben, gerichtliche Anordnungen zu bekommen, weil sie für die aktuellen Verfahrensentscheidungen unwirksam geblieben wären.
Die Zahlen
aus den Sondererhebungen lassen jedenfalls den Schluss zu, dass im
Zusammenhang mit der Verfolgung der besonders schweren Kriminalität die
Verkehrsdaten ein wichtiger Bestandteil der Ermittlungen sind. |
Das bemängeln jetzt die üblichen Verdächtigen (5). Unter fachlichen Gesichtspunkten macht die Frage auch wenig Sinn. Verkehrsdaten geben keine Auskünfte über Personen, sondern über die Standorte von Endgeräten sowie über die Verbindungen und Verbindungsdauern, die die Endgeräte aufgebaut und durchgeführt haben. Eine Zuordnung zu Personen kann nur anhand weiterer Anhaltspunkte und ihnen folgend weiterer Erfahrungen erfolgen. Der BGH spricht insoweit immer wieder von der gebotenen Gesamtschau (6). Ihre Stärke ist die präzise Bestimmung von Kommunikationsvorgängen, mit denen Tätergruppen eingegrenzt und ihre Handlungsorte nachvollzogen werden können. Eine größere Bedeutung kommt insoweit den Bestandsdaten zu, die hier nicht das Thema sind.
|
|||||||||||||||||||||||||||||||
Anmerkungen | |||||||||||||||||||||||||||||||||
(2) Einzelheiten: Umgang mit Verkehrsdaten, 07.03.2010 (3) BAJ, Übersicht Verkehrsdatenerhebung (Maßnahmen nach § 100g StPO) für 2008, Stand: 24.08.2009 |
(6)
Beweiswürdigung im Revisionsverfahren, 14.05.2010 |
||||||||||||||||||||||||||||||||
Cyberfahnder | |||||||||||||||||||||||||||||||||
© Dieter Kochheim, 11.03.2018 |