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strafprozessuale Eingriffe 3 |
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Datenerhebung, Datenauswertung |
Datenerhebung, Datenauswertung Personenbeweis |
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Verkehrsdaten | |||
Die Verkehrsdaten darf der Provider gemäß § 96 TKG aus verschiedenen Gründen speichern. Das betrifft vorrangig die Entgeltabrechnung ( § 97 TKG) und den Störungsdienst ( § 100 TKG). Wegen Telekommunikationsdienste auf der Grundlage einer Pauschalvergütung (Flatrate) wird überwiegend ein Anrecht auf die Speicherung der Verkehrsdaten abgelehnt (1). Wegen der öffentlich zugänglichen Telekommunikationsdienste für
Endnutzer hat
§
113a TKG seit dem 01.01.2008 eine sechsmonatige Speicherungspflicht
für Verkehrsdaten eingeführt, die in der öffentlichen Diskussion als
Vorratsdatenhaltung
bezeichnet wird
(2). |
Neben dem Zeitpunkt des Verbindungsaufbaus ist auch immer die Dauer der Verbindung zu dokumentieren. Das Gesetz verlangt darüber hinaus nach einer vollständigen Dokumentation, so dass auch alle Stationen einer Weiterschaltung ( § 113a Abs. 2 Nr. 1 TKG) und die genutzten Telefondienste erfasst sind ( § 113a Abs. 2 Nr. 3 TKG). Wegen der mobilen Telefondienste werden ausdrücklich die Speicherung der Teilnehmerkennung (IMSI (3); § 113a Abs. 2 Nr. 4 a) TKG), der Gerätekennung (IMEI (4); § 113a Abs. 2 Nr. 4 b) TKG) und der Geodaten (5) der Teilnehmer verlangt ( § 113a Abs. 2 Nr. 4 c) TKG). Die Speicherpflicht beschränkt sich auf die Funkzellen bei Beginn der Verbindung und umfasst nicht etwa auch die vollständigen Bewegungsdaten. |
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Bestandsdaten und dynamische IP-Adressen | |||
Ein alter Streit besteht wegen der Frage, ob eine schlichte Bestandsdatenabfrage auch dann vorliegt, wenn den Strafverfolgern nur die dynamische IP-Adresse des Betroffenen bekannt ist. Dabei besteht die Besonderheit, dass das auskunftspflichtige Unternehmen zunächst anhand seiner Verkehrsdaten erheben muss, welchem seiner Kunden zu einem bestimmten Zeitpunkt die wechselnde IP-Adresse zugewiesen war, um daraufhin Auskunft über die Bestandsdaten geben zu können.
Anfangs bestand die überwiegende Meinung, dass in diesen Fällen ein
gerichtlicher Beschluss mit der Verpflichtung zur Auskunft über (damals
noch) Verbindungsdaten vorliegen müsse. Im Zusammenhang mit dem Gesetz
zur Verbesserung der Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums
(6)
hat der Bundesrat die unterschiedlichen Meinungen dazu referiert
(7). |
Der Streit dauert aber auch noch in jüngerer Zeit an. Dabei beschränken sich manche Kommentatoren darauf (9), die jüngere, aber falsche Entscheidung des LG Frankenthal wahrzunehmen (10) und nicht auch die zutreffende des LG Offenburg (11), das sich auf das seit Januar 2008 geltende Recht stützt. Die aus meiner Sicht zutreffende Argumentationshilfe gibt die
Auslegungsregel des
§ 14
Abs. 2 Telemediengesetz - TMG, auf die der Bundesrat im
Gesetzgebungsverfahren hingewiesen hat [auch
(7)].
Danach sind die Anbieter von Telemedien uneingeschränkt zur Auskunft
über Bestandsdaten verpflichtet und das ungeachtet der Daten, die sie
intern für die Beauskunftung benötigen. Eine ausdrückliche Klarstellung
enthalten aber erst die Neufassungen, die das Gesetz zur Verbesserung
der Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentum
anordnet.
Die dadurch eingeführte Verwendungskontrolle hat keine Entsprechung im
TKG oder in der StPO, so dass sie nicht als Auslegungshilfe (auch nicht
gegen die hier vertretene Meinung) wirken kann. |
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Verkehrsdaten | |||
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Zur Anordnung, die schriftlich erfolgen muss (
100b Abs. 2 S. 1 StPO), ist das Gericht berufen (
100b Abs. 2 S. 1 StPO). Bei GiV ist die Staatsanwaltschaft zur
Anordnung befugt, die jedoch binnen drei Werktage gerichtlich bestätigt
werden muss (
100b Abs. 1 S. 1, 2 StPO). Sie muss auf höchstens drei Monate
befristet sein und darf nur um jeweils drei Monate verlängert werden (
100b Abs. 1 S. 3, 4 StPO). Die Maßnahme muss unverzüglich beendet werden, wenn die Voraussetzungen
ihrer Anordnung entfallen (
100b Abs. 4 S. 1 StPO). Nach der Beendung ist das Gericht über das
Ergebnis zu unterrichten (
100b Abs. 4 S. 2 StPO). Darüber hinaus sieht
§
101 StPO besondere Mitteilungs- und Belehrungspflichten vor, die
unter Umständen nur durch das Gericht angeordnet werden können. |
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Im Zusammenhang mit der Aufklärung von Straftaten sind die
zurückliegenden "Vorratsdaten" von besonderer Bedeutung. Sie ermöglichen
den Nachweis, dass mit einem bestimmten Endgerät eine bestimmte
Telekommunikationsverbindung hergestellt wurde, die an anderer Stelle
protokolliert ist. Wegen bandenmäßiger Strukturen lassen sich dadurch
auch Kontaktleute ermitteln, bei denen es sich möglicherweise um
Mittäter, Hehler oder potentielle Opfer handelt. Die Verkehrsdaten
können nur einen ersten Anhaltspunkt liefern und müssen schließlich mit
anderen Ermittlungsmethoden ergänzt werden. |
Die laufende Protokollierung der
Bewegungsdaten ist für den Zugriff bei
einer bekanntermaßen geplanten Straftat und zu Fahndungszwecken
sinnvoll. Sie verraten in groben Zügen den Standort des Endgerätes und
seine Bewegungsrichtung. |
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Verkehrsdaten im Mobiltelefon | |||
Das ergibt sich inzwischen ausdrücklich aus
§
100g Abs. 3 StPO, nachdem das Bundesverfassungsgericht bestimmt
hatte
(12),
dass diese Daten besonders
geschützt werden durch das Recht auf informationelle Selbstbestimmung (
Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit
Art. 1 Abs. 1 GG) und gegebenenfalls durch
Art. 13 Abs. 1 GG, nicht aber durch die besonderen
Eingriffsbeschränkungen des
§
100g StPO. |
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Datenabgleich | |||
Im Zusammenhang mit der Organisierten Kriminalität ist insoweit häufig die Rede von Strukturermittlungen ( Initiativermittlungen). Sie werden, auch ohne dass bereits ein Anfangsverdacht besteht, im Vorfeld eines Ermittlungsverfahrens geführt, um Täterbeziehungen und ihre Verbindungen zu erkennen.
Bei ihnen handelt es sich in aller Regel nicht um einen maschinellen
Datenabgleich, sondern um die intellektuelle Analyse von Protokollen und
anderen Aktenbestandteilen.
Eingriffsmaßnahmen wie etwa Durchsuchungen oder förmliche Vernehmungen
sind in diesem Stadium nicht erlaubt. |
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Rasterfahndung | |||
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Anmerkungen | |||
(2) Vorratsdatenhaltung ab 2009; Übergangsregelung für die Vorratsdatenspeicherung: Art. 16 Abs. 2 des Gesetzes zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung und anderer verdeckter Ermittlungsmaßnahmen sowie zur Umsetzung der Richtlinie 2006/24/EG (Gesetzentwurf vom 27.06.2007, Inkrafttreten am 01.01.2009). Das Bundesverfassungsgericht hat im März 2008 die Verwertung von
Verkehrsdaten für die Strafverfolgung vorläufig (bis zu einer
abschließenden Entscheidung) auf die Straftaten beschränkt, die im
Straftatenkatalog des
§ 100a
Abs. 2 StPO aufgeführt sind;
BVerfG, Beschluss vom 11.03.2008 - 1 BvR 256/08;
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(4) International Mobile Equipment Identity - IMEI (5) Mobilfunk; Geodaten, Bewegungsdaten (6) Schutz des geistigen Eigentums (7) verschiedene Meinungen in der Rechtsprechung (8) LG Köln, Urteil vom 12.09.2007 - 28 O 339/07, JurPC
(9)
Marc Störing, Ermittlungschaos. Unklare Rechtsgrundlage bei
staatlichen Ermittlungen im Netz, c't 17/2008, S. 174 (
kostenpflichtiger Download); (10) Beschluss des LG Frankenthal vom 21.05.2008 - 6 O 156/08, bei jur-blog.de (11) Beschluss des LG Offenbach vom 18.04.2008 - 3 Qs 83/07
(12)
BVerfG, Urteil vom 02.03.2006 - 2 BvR 2099/04; |
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Cyberfahnder | |||
© Dieter Kochheim, 11.03.2018 |