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Nachdem das
BVerfG die Nichtigkeit der
§§ 113a,
113b TKG festgestellt und damit die Speicherung von Vorratsdaten
verboten hat
(2),
kommt den einfachen Verkehrsdaten nach
§ 96 TKG eine besondere Bedeutung zu. Sie dürfen von den
Zugangsprovidern zu Abrechnungs- und anderen Zwecken vorübergehend
gespeichert werden.
Fast unbemerkt hat sich aber auch
§ 96 TKG (Synopse) durch das Zugangserschwerungsgesetz geändert. Der
neu gefasste Abs. 2 erklärt jede Datenspeicherung ohne Ermächtigung aus
dem
TKG oder dem
ZugErschG als unzulässig. Im Ergebnis speichern deshalb die Provider die
Verkehrsdaten nur noch tageweise oder gar nicht.
Das ZugErschG entstand unter der Maßgabe, dass die
Vorratsdatenspeicherung erfolgt. Dadurch war es politisch ungefährlich,
im Gegenzug zur Sperrliste und der Benachrichtigung des BKA weitere
Einschränkungen in das TKG aufzunehmen.
Jetzt haben wir ein Gesetz, das rechtswidrig nicht vollzogen wird
(3),
eine durch dieses Gesetz bewirkte Einschränkung der
Verkehrsdatenspeicherung und keine Vorratsdatenspeicherung mehr.
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Nach
Auskunft eines Brancheninsiders soll ein großes TK-Unternehmen 2009
insgesamt 20.000 Anfragen von Strafverfolgungsbehörden nach den Nutzern
dynamischer IP-Adressen gehabt haben. Dem sollen ganze 2.000.000
gewerbliche Anfragen in Bezug auf Urheberrechtsverstöße gegenüber
gestanden haben, also 100 Mal so viele. Sie werden jetzt gar nicht oder
nur binnen weniger Tage beantwortet werden können.
Das
Geschäftsmodell Abmahnung wird weitgehend zum Erliegen kommen und
die Branchenvertreter werden sich bei der Bundesjustizministerin zum
Jammern die Klinke in die Hand geben.
Die
Ministerin hingegen versteht vor allem die Aufregung der
Strafverfolgung nicht
(4)
und empfiehlt den Ermittlern die Methoden, die bis 2008 angewandt wurden
(5).
Zur Auffrischung des Mittelzeitgedächtnisses sei daran erinnert, dass
seinerzeit der rechtsfreie Raum Internet befürchtet und die
Vorratsdatenspeicherung händeringend herbeigesehnt wurde
(6).
Schon 2005 hatte das AG Darmstadt die Deutsche Telekom angewiesen, keine
Verkehrsdaten von Flatrate-Kunden zu speichern, was der BGH bestätigt
hat
(7).
Wer hat heute keine Flatrate für seinen Festnetz- und Internetzugang?
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Die Kritiker scheinen die Vorstellung zu haben, dass Polizeibeamte und
Staatsanwälte ständig an den Straßen sitzen und Autokennzeichen
aufschreiben. Mit den dynamischen IP-Adressen ist es hingegen so wie bei
den Autos mit roten Kennzeichen. Wir müssen zunächst bei dem Autohändler
nachfragen, wem er es gegeben hat, um den Verkehrssünder zu ermitteln.
(sinngemäßes Zitat von einem Kollegen aus Halle)
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Es kann
jetzt davon ausgegangen werden, dass Verkehrsdaten bis zu eine Woche
gespeichert werden. Danach lassen sich weder die
Geodaten in Bezug auf die Täteridentifizierung noch dynamische
IP-Adressen wegen der Bestandsdatenauskunft erheben. Die meisten
Geschädigten durch einfache Internetkriminalität werden deshalb zu spät
merken, dass sie betrogen oder beleidigt wurden. Ihnen wird jetzt der
Rechtsschutz verweigert.
§ 100g StPO ist hinfällig, soweit es um die Verkehrsdaten der
Vergangenheit geht. In den nächsten Monaten werden sich die Meldungen
häufen, dass immer mehr Straftäter und Verstöße gegen gewerbliche
Schutzrechte nicht mehr verfolgt werden können. Der unvermeidliche
Schlagabtausch hat schon begonnen
(8).
Wie lange dieser Zustand andauern wird, kann niemand vorhersagen. Es
kann sich nur um Jahre handeln.
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Die
ahnungslosen Mahner werden vielfach darüber belehrt, dass sie das quick
freeze-Verfahren nutzen können und das sei genauso effektiv wie der
Zugriff auf Vorratsdaten
(9).
Tatsächlich: In einem richtigen Überwachungsstaat funktioniert das
Einfrieren ganz toll. Jedermann und alles wird dort ständig überwacht
und wenn es Hinweise auf Straftaten oder andere böse Aktivitäten gibt,
dann schneiden wir alles mit.
In solchem Staat möchte ich aber nicht leben.
Das quick freeze funktioniert nur bei laufenden Aktivitäten und nicht
bei solchen, die bereits abgeschlossen sind. Es ist u.a. Bestandteil der
Cybercrime Convention und wird die geplante Kriminalität verhindern
helfen. Zur Aufklärung vergangener Straftaten ist es gänzlich
ungeeignet.
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