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September 2010 |
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Überwachungsstaat statt Strafverfolgung |
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Es geht der erfahrenen Politikerin um Strafverfolgung und besonders
um Rechtspolitik. Ihre Themen sind neben den Vorratsdaten auch die Websperren.
Beide Themen sind Dauerbrenner und man müsste meinen, dass die
Verantwortlichen das Für und Wider durchdrungen und abgewogen haben. |
Man müsste meinen, die oberste Rechtsverantwortliche wolle einen Überwachungsstaat errichten, in dem alle Straftaten online beobachtet werden. In einem solchen Staat würde ich nicht leben wollen! |
Natürlich prüfen wir die gesamte Dimension des Urteils (2) und die Auswirkungen, aber wir müssen auch sehen, die in dieser Dimension immer behaupteten Schutzlücken bestehen nicht. |
Straftaten mit Hilfe von Endgeräten, die erst im Nachhinein erkannt werden, sind nicht aufklärbar, weil die Verkehrsdaten nicht zur Verfügung stehen (3). |
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Auch die USA kennen diese Vorratsdatenspeicherung nicht. |
Die USA kennen auch keinen
restriktiven Datenschutz. Einige Unternehmen bewahren die Verkehrsdaten
jahrelang auf. |
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Nur eingebettet in auch die europäische Entwicklung werden wir hier
verantwortungsbewusst vorgehen und natürlich auch alle Alternativen im
Blick haben zu dem, was bisher unter Vorratsdatenspeicherung verstanden
wurde und ja in Deutschland verfassungswidrig ist, unter anderem auch
das, was in Amerika gilt, nämlich ein sogenanntes
Quick-Freeze-Verfahren. |
Das Quick-Freeze-Verfahren ist zur
Aufklärung von Straftaten ungeeignet. Es setzt eine
permanente Überwachung voraus und ermöglicht quasi das Mitschneiden der
Kommunikation bei der Beobachtung krimineller Handlungen. Der von Orwell beschriebene Überwachungsstaat und der Polizeistaat brauchen keine Vorratsdatenspeicherung. Sie erkennen Straftaten bei ihrer Begehung und nicht erst anhand ihrer späteren Folgen, also zum Beispiel in der Abrechnung der Carrier. |
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Und es gibt auch nicht die so behaupteten Schutzlücken, denn nach
wie vor, auch heute, kann auf gewisse Daten zu Abrechnungszwecken,
die sowieso gegeben sind, zugegriffen werden, auch nach jetzt noch
geltendem Recht nach diesem Urteil zur Vorratsdatenspeicherung. Und
von daher ist Deutschland hier nicht schutzlos. |
Wenn die Strafverfolgungsbehörden sehr
schnell handeln, können sie tatsächlich binnen Tage oder weniger Wochen
auf die Bestands- und Abrechnungsdaten gemäß
§ 96 TKG zugreifen
(4).
Sie legen sich aber nicht, wie andere
(5),
auf die Lauer. Schnelles Handeln ist immer mit Mehraufwand verbunden,
weil Arbeitsabläufe, wie zum Beispiel der Postweg, mit besonderem
Personaleinsatz übergangen werden müssen. Diesen ineffektiven
personellen Mehrbedarf kann niemand ernsthaft als Regelfall wollen. |
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Aber natürlich gibt es ja unterschiedliche Formen auch von kriminellem Verhalten im Netz. Und dass das im Netz in der Form nicht immer bekämpft werden kann, wie wir es vorher hatten, aber wir auch nicht intensivere Maßstäbe anlegen als für Bereiche außerhalb des Netzes, muss klar sein. |
Zeugenaussagen, Kontobewegungen, Buchführungsdaten und andere Beweismittel können ohne besonderen Zeitdruck erhoben werden. Darin unterscheiden sie sich von der Telekommunikation und den Telemedien, wenn diese kriminell genutzt werden. |
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Zudem ist es heute ja möglich, gerade, wenn man während
aktueller Ermittlungen auf eine Seite
kommt, wo man solche Videos sieht, und das in Echtzeit,
innerhalb sofortiger Reaktion macht. |
Das ist aber kein Ersatz für die
nachträgliche Aufklärung von Straftaten, auf die die Öffentlichkeit
einen verfassungsrechtlichen
Anspruch hat
(6). |
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Und genau das wollen wir ja: Intensivieren. Und da hat das BKA doch
unsere volle Unterstützung, dass sie gerade in diesem
Bereich des
Löschens auch am Wochenende, auch
mit dem vielen Personal und den
guten Fachkräften, die sie haben und dazu brauchen, effektiv agieren
kann. Der BKA-Präsident, Herr Ziercke, hat ja gesagt, dass 30
Mitarbeiterinnen für diesen Bereich sexueller Missbrauch tätig
seien. Ich denke, dass wir gemeinsam doch ein Interesse haben, mit
möglichst viel und auch noch mehr Personal vor allen Dingen auch an
Wochenenden und 1:1 in Echtzeit zu reagieren. |
Die PKS für 2009 weist 11.319 Fälle
des sexuellen Missbrauchs von Kindern aus
(7),
das ist schlimm genug.
Auf die Internetkriminalität entfallen 206.909 der insgesamt 6.054.330
erfassten Straftaten. Für 99,8 % der Kriminalität treffen die Aussagen
der Ministerin nicht zu. |
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Und außerdem müssen wir bedenken:
Es gibt
natürlich immer mehr Flatrates und da nützt auch eine
Vorratsdatenspeicherung nichts. |
Auch die Verkehrsdaten von Flatrates
können gespeichert werden, wenn es dafür eine verfassungskonforme
Ermächtigung gibt
(8). |
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Anmerkungen | ||
(2)
Umgang mit Verkehrsdaten, 07.03.2010; (3) Datenschatten in der Überwachungsgesellschaft, 27.06.2010 (4) Auskunft der Bundesregierung über Verkehrsdaten, 15.05.2010
(5)
Kampf ums Internet. Trittbrettfahrer, 08.08.2010 |
(7)
Anstieg der Internetkriminalität, 23.05.2010;
(8)
Vorratsdatenspeicherung ist unzulässig, 02.03.2010; |
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Cyberfahnder | ||
© Dieter Kochheim, 11.03.2018 |