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März 2011 |
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Angleichung des Rechts beim Falschgeld und Rauschgift |
Auswirkungen auf das Skimming-Strafrecht | |||
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11-03-21 Gewerbsmäßig handelt, wer sich durch wiederholte Tatbegehung eine nicht nur vorübergehende Einnahmequelle von einigem Umfang und einiger Dauer verschaffen will. Liegt diese Absicht vor, ist bereits die erste Tat als gewerbsmäßig begangen einzustufen, auch wenn es entgegen den ursprünglichen Intentionen des Täters zu weiteren Taten nicht kommt. Eine Verurteilung wegen gewerbsmäßiger Deliktsbegehung setzt daher schon im Grundsatz nicht notwendig voraus, dass der Täter zur Gewinnerzielung mehrere selbständige Einzeltaten der jeweils in Rede stehenden Art verwirklicht hat (2). Zur Erklärung muss zunächst die deliktische Einheit angesprochen werden ( § 52 StGB). Wegen der mehraktigen Tatbegehung (3) hat der BGH im BtM-Strafrecht schon lange den Grundsatz der Bewertungseinheit eingeführt (4), den er auf das Fälschungsstrafrecht übertragen hat (5) und häufiger auch eine "deliktische Einheit" nennt (6). Dadurch werden alle Tathandlungen, die für sich genommen jeweils eine Strafnorm vollenden, zu einer materiellen Tat zusammengefasst, wenn es sich um dasselbe Strafgesetz handelt und die einzelnen Handlungsakte in einem engen räumlichen und zeitlichen Zusammenhang stehen. Für das Skimmingstrafrecht bedeutet das, dass
serienmäßige Fälschungen von Zahlungskarten (Grundtatbestände der
§§ 152a,
152b StGB), |
das Sich-Verschaffen mehrerer gefälschter Zahlungskarten, das serienmäßige Gebrauchen gefälschter Zahlungskarten (Cashing) und das serienmäßige Fälschen von Zahlungskarten und ihr unmittelbar anschließender, auch serienmäßiger Gebrauch eine deliktische Einheit darstellen, die zur Verurteilung wegen nur einer materiellen Tat führen. Voraussetzung ist, dass keine bedeutsamen zeitlichen Lücken erkennbar sind, die wegen der Folgehandlungen einen neuen Tatentschluss nötig machen würden. Ausschlaggebend sind die Vorstellungen der beteiligten Täter von der Tat als Ganzes und in arbeitsteiligen Tätergruppen der Vorsatz des einzelnen Täters über seinen eigenen Tatanteil und den Handlungen der Tatgenossen (7).
Das gilt
ebenso für die mehraktigen Handlungen. Im BtM-Strafrecht ging es vor
allem um die Frage, wie ein Täter zu behandeln ist, der sich zunächst
eine nicht geringe Menge Rauschgift als Ganzes beschafft und besitzt
(Verbrechen gemäß
§ 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG) und dann seinem Plan folgend in Kleinmengen
einzeln verkauft (jeweils für sich ein Vergehen gemäß
29 Abs. 1 Nr. 1 BtMG). Der BGH spricht insoweit von "demselben
Verkaufsvorrat" und "derselben Erwerbsmenge"
(8)
und zieht alle Handlungen des Erwerbs und der Veräußerung zu einer
materiellen Tat zusammen, wenn sie aus demselben Depot stammen. |
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deliktische Einheit bei der Geldfälschung | Gewerbsmäßigkeit bei mehraktigem Absatz | ||
Es muss sich aber um ein nur einmal gefülltes Depot handeln. Wird eine zum Verkauf bereitgehaltene Rauschgiftmenge vor der vollständigen Entleerung des Depots durch eine neue Lieferung wieder aufgefüllt, so reicht das nicht aus, die Veräußerungen aus der ursprünglich besessenen Menge mit den Verkäufen aus dem wiederaufgefüllten Bestand zu einem einheitlichen Handeltreiben mit derselben Rauschgiftmenge zu verbinden (10). Damit verlangt der BGH sehr viel von der Rechtsprechung: Sie muss
einem einzelnen Erwerbsgeschäft alle "kleinen" Vertriebsgeschäfte
zuordnen, die dieselbe Erwerbsmenge betreffen. Mehrere Füllungen führen
für sich zu einer weiteren materiellen Tat. Bleiben nach dem
Auffüllen des Depots Zweifel an der Zuordnung, so ist die Veräußerung
der ersten "Füllmenge" zuzurechnen
(11). |
Die oben zitierte Definition für die Gewerbsmäßigkeit verlangt einen Täterwillen, der auf Dauer und Wiederholung der gleichen Tat ausgerichtet ist. Für das Falschgeldrecht legt der BGH jetzt fest, dass die planmäßigen Absatzgeschäfte jedenfalls für sich nicht die Wiederholung derselben Tat begründen, wenn das Falschgeld aus demselben Beschaffungsdelikt stammt. Mit anderen Worten: Die Absatzgeschäfte, die der Täter bereits bei dem Verschaffen einer größeren Menge Falschgeld plant, sind als Absatzhandlungen mit der Beschaffungstat zu einer einzigen materiellen Tat zusammen zu fassen. Allein aus dem von vornherein geplanten "Straßenverkauf" - hier: Absatz von Falschgeld - lässt sich noch kein Willen zur Wiederholung im Sinne der Gewerbsmäßigkeit ableiten. Dieser Wille muss weiter gehen und weitere Beschaffungshandlungen in Aussicht stellen. Das führt nicht etwa dazu, dass die Gewerbsmäßigkeit bei ersten Taten
völlig ausgeschlossen wäre. Der BGH verlangt nur nach einer genauen
Betrachtung des Täterwillens und der Feststellung, dass er von
vornherein die Wiederholung der Beschaffungstat einschließlich der
verbundenen Absatztaten plante. Von indizieller Bedeutung kann dafür
auch die Schaffung des Depots und das von Erfahrung und Planung geprägte
Vorgehen des Täters sein. |
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Auswirkungen auf das Skimming-Strafrecht | |||
Das Skimming in seiner jetzt bekannten Form kennt keine Depots. Den arbeitsteilig handelnden Tätern kommt es auf Schnelligkeit an, um den Kartensperren der Finanzinstitute zuvor zu kommen. Noch im Vorbereitungsstadium ist das Skimming im engeren Sinne angesiedelt, also das Ausspähen der Kartendaten auf den Magnetstreifen und der PIN des betroffenen Karteninhabers. Unverzüglich nach dem Abbau der Skimming-Geräte werden in aller Regel die Daten zu den Hinterleuten oder direkt an die Casher übermittelt (12). Manchmal setzen die Skimmer dann ihren Angriff fort, während die Mittäter mit der ersten Tranche Zahlungskarten fälschen und damit die Tat vollenden. Zwischen dem Ausspähen und dem Cashing, also dem Gebrauch der gefälschten Zahlungskarten, vergeht häufig nur ein einziger Tag.
Das
unterscheidet das Skimming deutlich vom Falschgeld- und BtM-Handel. Es
kennt keinen mühseligen Straßenverkauf, sondern nur den schnellen großen
Schlag, um bis zur Entdeckung des Angriffs und den Kontensperren
möglichst viel Beute zu machen. |
Anders als beim Rauschgift und beim Falschgeld, die in aller Regel keine eindeutigen Individualmerkmale zeigen (13), sind die beim Skimming ausgespähten Daten sehr genau einem räumlich und zeitlich eingegrenzten Angriff und individuell eindeutig bestimmten Geschädigten zuzuordnen. Die Tatvollendung ist den Skimmern ("Ausspähern") zunächst nur wegen der von ihnen selber ausgespähten Daten zuzurechnen. Wissen sie von weiteren Skimmer-Gruppen, die zu ihnen parallel arbeiten, dann können ihnen auch deren Tatanteile zugerechnet werden (14).
Die Frage
nach den Depots stellt sich eher beim Carding im übrigen, also beim
Handel mit ausgespähten Karten-, Konto- und sonstigen persönlichen Daten
in Carding-Boards. Sie werden in aller Regel einzeln missbraucht, aber
häufiger in mehreren "Stücken" verkauft
(15).
Sowohl beim Datenverkäufer als Beihilfetäter zum Computerbetrug als auch
beim Käufer stellt sich dann schon die Frage nach der Qualität und des
Umfangs des (für sich straflosen) Hehlergeschäftes. |
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Gewerbsmäßigkeit beim Skimming | Skimming: aktuelles Beteiligungsmodell | ||
Andere Merkmale sprechen in aller Regel für die Gewerbsmäßigkeit. Das sind vor allem das erfahrene, handwerklich geübte und versierte Vorgehen der Täter, ihre engen Kommunikationsbeziehungen, die schnelle Weitergabe der ausgespähten Daten und der unverzügliche Beginn des Cashings. Die Skimmer setzen zudem vorgefertigtes Gerät ein, das für den nur einmaligen Einsatz viel zu teuer und zu wertvoll ist. Häufig genug fallen die Täter auch mehrmals auf, so dass auch dieser Umstand Schlüsse eröffnet. Die breite Erörterung der deliktischen Einheit war nötig, weil ohne sie die Entscheidung des BGH zur Gewerbsmäßigkeit nicht erfasst werden kann. In beiden Fallgruppen geht es um die Beurteilung mehraktiger Taten, die jedenfalls in arbeitsteiligen Täterstrukturen eine genaue Betrachtung der individuellen Tatanteile und des persönlichen Vorsatzes nötig macht. Die Auseinandersetzung mit ihnen zeigt aber, dass keine
grundsätzlichen Weichenstellungen im Skimming-Strafrecht erforderlich
geworden sind. Es sind nur Einzelheiten, die im Lichte der aktuellen
Rechtsprechung genauer betrachtet werden müssen. Im Ergebnis profitiert
das Skimming-Strafrecht davon: Es ist nach wie vor schwierig und reich
an Einzelaspekten, aber präziser in Bezug auf die Mehraktigkeit und
Arbeitsteilung geworden. |
Das Grunddelikt ist das Fälschen von Zahlungskarten im Sinne der §§ 152a, 152b StGB (dunkelblau). Gleichrangige (aber nachfolgende) Tathandlungen sind das Sich-Verschaffen und das Gebrauchen von falschen Zahlungskarten (marineblau). Das Skimming im engeren Sinne, also das Ausspähen der Kartendaten und PIN (rot), ist im Vorbereitungsstadium des Fälschungsdelikts angesiedelt. Es ist kein Erfolgsdelikt, also vor allem kein Ausspähen von Daten im Sinne von § 202a StGB (17).
Das
Vorbereitungsstadium beim Skimming reicht von der Herstellung von
Skimmern (Kartenlesegeräten), über ihren Einsatz (Skimming im engeren
Sinne) bis zum Beginn der Fälschung von Zahlungskarten. Strafrechtlich
wird es erfasst vom Vorbereiten der Fälschung von Zahlungskarten (
§ 149 Abs. 1 Nr. 1 StGB) und der Verabredung zu einem Verbrechen (
§ 30 Abs. 2 StGB), an der sich aber nur Mittäter (
§ 25 Abs. 2 StGB), nicht aber auch Gehilfen beteiligen können (
§ 27 Abs. 1 StGB). |
Versuchsstadium |
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In arbeitsteiligen Täterstrukturen lässt der BGH jetzt den Versuch bereits zu, sobald die Skimmer das Ausspähen abgeschlossen haben und die ausgespähten Daten an ihre arbeitsteilig eingebundenen Mittäter übermitteln, wenn sie die Vorstellung haben, dass die Mittäter mit der Fälschung unverzüglich beginnen (18). Mit dem Einsatz der gefälschten Zahlungskarten und der ausgespähten PIN wird auch ein Computerbetrug begangen ( § 263a StGB).
Alle Unterstützungshandlungen, die am Ende Beute bringen, sind als
Beihilfehandlungen strafbar. Das gilt auch für PIN-Skimmer, wenn sie
besondere Schaltungen ("Programme") enthalten, die auf den
Computerbetrug spezialisiert sind. |
Anmerkungen | ||
(2) Ebenda (1), Rn 9.
(3)
Mittäterschaft und strafrechtliche Haftung, 25.12.2009; (4) materielle und prozessuale Tat, 13.05.2010 (5) Kreditkartenbetrug, 23.10.2010 (6) Nachweise im Arbeitspapier Skimming, 2.4 natürliche Handlungseinheiten <S. 17>. (7) Klarstellend: Tatanteile des Mittäters, 16.02.2011. (8) BGH, Beschluss vom 19.12.2000 - 4 StR 503/00, hrr-strafrecht.de
(9)
BGH, Beschluss vom 20.09.2010 - 4 StR 408/10, Rn 5; (10) BGH, Beschluss vom 26.05.2000 - 3 StR 162/00, Rn 10, hrr-strafrecht.de
(11)
Ebenda
(10), Rn 11. |
(13) Falschgeld lässt sich nach Qualitätsmerkmalen und den Merkmalen der verwendeten Platten, Formen, Drucksätze und Druckstöcke unterscheiden. Auch Rauschgift zeigt chemische Individualmerkmale aufgrund seiner Herkunft und der Mischung mit Streckmitteln. (14) Diese Aussage findet ihre Stütze in der neuen Schadens-Rechtsprechung des BGH ( Der Eingehungsschaden löst den Gefährdungsschaden ab, 16.02.2011). Der eigene Tatbeitrag ist den Skimmern wie beim Eingehungsschaden und die Tatbeiträge der anderen Skimmer als Folgeschaden, also wie als "weitergehende Vermögensnachteile" zuzurechnen. (15) Die Szenesprache ist insoweit uneinheitlich. Ein "Dump" ist ein zusammengehörender "Haufen". Das können individuelle Datensätze ebenso sein wie der Inhalt einer ganzen Datenbank. (16) Bilderbuch Skimming-Strafrecht, 26.07.2010 (17) Ausspähen von Daten und das Skimming, 14.05.2010
(18)
Versuch der Fälschung, 21.02.2011 |
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Cyberfahnder | ||
© Dieter Kochheim, 11.03.2018 |