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Laut Pressemitteilung des BMJ vom 19.12.2008 haben sich die
Bundesminister für Justiz und Inneres auf eine Erweiterung des
Staatsschutzstrafrechts geeinigt
(1).
Dazu sollen neue Straftatbestände in den Titel des StGB über die
Gefährdung des demokratischen Rechtsstaats (
§§ 84 ff. StGB) eingeführt werden, die vor allem
Vorbereitungs- und
Unterstützungshandlungen unter Strafe stellen sollen.
Ob die neuen Strafvorschriften wirklich Sinn machen oder nur den
Misserfolgen des Generalbundesanwalts geschuldet sind
(2),
mag bezweifelt werden
(3).
Geplant
ist ein neuer § 89a StGB,
der in Anlehnung an die
§§
129a (Terroristische Vereinigung) und
129b
StGB (... im Ausland) die
Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat
mit Freiheitsstrafe von 6 Monaten bis zu 10 Jahren bedrohen soll. Die
Bildung einer
Terroristischen Vereinigung ist ein
Gefährdungstatbestand, der äußerst gefähr- und bedrohliche
Straftaten verhindern soll, bevor sie ausgeführt werden.
§§
129a StGB droht mit einer Freiheitsstrafe von 1 bis zu 10 Jahren
(Verbrechen,
§ 12
Abs. 1 StGB). Die neue Strafvorschrift stellt Handlungen unter
Strafe, die im Vorfeld der Gefährdung angesiedelt sind, wo auch schon
die Verabredung zu einem Verbrechen mit Strafe droht (
§ 30 StGB).
Erfasst werden sollen mit dem § 89a StGB:
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a) |
die Ausbildung und das Sich-Ausbilden-Lassen,
um eine schwere staatsgefährdende Gewalttat zu begehen, also die
Teilnahme an Trainingslagern
(4),
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b) |
der Umgang mit bestimmten Waffen, bestimmten
Stoffen oder besonderen zur Ausführung der vorbereiteten Tat
erforderlichen Vorrichtungen,
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c) |
der Umgang mit wesentlichen Gegenständen oder
"Grundstoffen", um diese Waffen, Stoffe oder Vorrichtungen
herzustellen, und
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d) |
die Finanzierung eines Anschlags. |
Ferner ist
ein neuer § 89b StGB
vorgesehen, der die Aufnahme von Beziehungen zur Begehung einer schweren
staatsgefährdenden Gewalttat mit Freiheitsstrafe bis zu 3 Jahren (oder
Geldstrafe) bedroht. Gemeint ist die Kontaktaufnahme, um in ein
Ausbildungslager aufgenommen zu werden.
Damit wird dann eine Vorbereitungshandlung (Kontaktaufnahme) zur
Vorbereitungshandlung (Ausbildung) zur Vorbereitungshandlung
(Verabredung) zu einer tatsächlich sehr schweren Straftat im Sinne von
§§
129a Abs. 1, Abs. 2 StGB unter Strafe gestellt. Ob das noch mit dem
Schuldstrafrecht in Einklang zu bringen ist, um das sich
§ 46
StGB bemüht, ist fraglich.
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Schließlich
soll neben den Vorschriften gegen die Öffentliche Aufforderung (
§ 111 StGB) und gegen die
Anleitung zu Straftaten (
§ 130a StGB) auch mit einem neu gefassten
§ 91 StGB (
geltende Fassung) die Anleitung zur Begehung einer schweren
staatsgefährdenden Gewalttat mit bis zu 3 Jahren Freiheitsstrafe bedroht
werden. Das soll so weit gehen, dass auch der
bestraft
werden soll, wer sich eine solche Anleitung (zum Beispiel durch
Herunterladen aus dem Internet) verschafft, um eine solche Gewalttat zu
begehen (§ 91 Abs. 1 Nr. 2 StGB
(neu)).
Die Strafbarkeit des Verschaffens (und des Besitzes) von Gegenständen ist sonst nur bei
Waffen (
WaffG,
Kriegswaffenkontrollgesetz), Giften (
BtMG,
GÜG)
oder wegen kinder- und jugendpornographischer Schriften bekannt (
§§ 184b Abs. 4,
184c
Abs. 4 StGB). Ob es mit der Meinungsfreiheit in Einklang zu bringen
ist (
Art. 5 GG), die auch die Informationsbeschaffungsfreiheit umfasst,
auch das Verschaffen von Anleitungen zu bestrafen, ist mehr als fragwürdig.
Das gilt besonders für
neutrale
Schriften, die sich nicht offen zu bedrohlichen Handlungen bekennen.
Der neue
§ 89a StGB soll
auch in die
Straftatenkataloge der
§§ 100a Abs. 2 Nr. 1a) (
Überwachung der Telekommunikation) und
100c Abs. 2 Nr. 1a) StPO (
großer Lauschangriff) aufgenommen werden.
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Die
geplanten Straftatbestände erweitern das Strafrecht in Richtung auf das
Gesinnungsstrafrecht, was dann gerechtfertigt ist, wenn sie
besonders bedrohliche Vorbereitungshandlungen betreffen. Im Hinblick auf
die "Aufnahme von Beziehungen" und des "Verschaffens von Anleitungen"
entfernt sich die Strafbarkeit im Vorfeld so stark von der gefährlichen
Handlung, die dadurch verhindert werden soll, dass ich jedenfalls
ernsthafte Bedenken dagegen habe, dass sie noch mit rechtsstaatlichen
Grundsätzen und Grundrechten im Einklang stehen.
Mühlbauer
(5)
formuliert ein Beispiel, bei dem auch "Internet-Verbindungsdaten"
ausgewertet werden und ein "Online-Trojaner" zum Einsatz kommt. Das ist
eine billige Angstmache.
Eine Verkehrsdatenerhebung nach
§
100g StPO ist, wenn das BVerfG die Vorschrift hält
(6),
nur wegen Straftaten erheblicher Bedeutung oder solchen zugelassen, die
mittels Telekommunikation begangen werden. Sie wäre also zulässig.
Nicht zulässig hingegen wäre die Verwertung von Erkenntnissen im
Zusammenhang mit der Online-Durchsicht
(7),
weil die Maßnahme im Strafverfahrensrecht nicht zugelassen ist und
§
161 Abs. 2 StPO auch die Verwertung von Erkenntnissen untersagt, wenn sie nach
den Vorschriften anderer Verfahrensordnungen zulässig erhoben wurden.
Aber darüber habe ich mich schon mehrfach aufgeregt
(8).
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