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Dezember 2008
20.12.2008 internationaler Terrorismus
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    geplante Straftatbestände im Vor-Vor-Vorfeld terroristischer Gewalttaten
 
 

Laut Pressemitteilung des BMJ vom 19.12.2008 haben sich die Bundesminister für Justiz und Inneres auf eine Erweiterung des Staatsschutzstrafrechts geeinigt (1). Dazu sollen neue Straftatbestände in den Titel des StGB über die Gefährdung des demokratischen Rechtsstaats ( §§ 84 ff. StGB) eingeführt werden, die vor allem Vorbereitungs- und Unterstützungshandlungen unter Strafe stellen sollen.

Ob die neuen Strafvorschriften wirklich Sinn machen oder nur den Misserfolgen des Generalbundesanwalts geschuldet sind (2), mag bezweifelt werden (3).

Geplant ist ein neuer § 89a StGB, der in Anlehnung an die §§ 129a (Terroristische Vereinigung) und 129b StGB (... im Ausland) die Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat mit Freiheitsstrafe von 6 Monaten bis zu 10 Jahren bedrohen soll. Die Bildung einer Terroristischen Vereinigung ist ein Gefährdungstatbestand, der äußerst gefähr- und bedrohliche Straftaten verhindern soll, bevor sie ausgeführt werden. §§ 129a StGB droht mit einer Freiheitsstrafe von 1 bis zu 10 Jahren (Verbrechen, § 12 Abs. 1 StGB). Die neue Strafvorschrift stellt Handlungen unter Strafe, die im Vorfeld der Gefährdung angesiedelt sind, wo auch schon die Verabredung zu einem Verbrechen mit Strafe droht ( § 30 StGB).

Erfasst werden sollen mit dem § 89a StGB:
 

a) die Ausbildung und das Sich-Ausbilden-Lassen, um eine schwere staatsgefährdende Gewalttat zu begehen, also die Teilnahme an Trainingslagern (4),
 
b) der Umgang mit bestimmten Waffen, bestimmten Stoffen oder besonderen zur Ausführung der vorbereiteten Tat erforderlichen Vorrichtungen,
 
c) der Umgang mit wesentlichen Gegenständen oder "Grundstoffen", um diese Waffen, Stoffe oder Vorrichtungen herzustellen, und
 
d) die Finanzierung eines Anschlags.

Ferner ist ein neuer § 89b StGB vorgesehen, der die Aufnahme von Beziehungen zur Begehung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat mit Freiheitsstrafe bis zu 3 Jahren (oder Geldstrafe) bedroht. Gemeint ist die Kontaktaufnahme, um in ein Ausbildungslager aufgenommen zu werden.

Damit wird dann eine Vorbereitungshandlung (Kontaktaufnahme) zur Vorbereitungshandlung (Ausbildung) zur Vorbereitungshandlung (Verabredung) zu einer tatsächlich sehr schweren Straftat im Sinne von §§ 129a Abs. 1, Abs. 2 StGB unter Strafe gestellt. Ob das noch mit dem Schuldstrafrecht in Einklang zu bringen ist, um das sich § 46 StGB bemüht, ist fraglich.
 

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Schließlich soll neben den Vorschriften gegen die Öffentliche Aufforderung ( § 111 StGB) und gegen die Anleitung zu Straftaten ( § 130a StGB) auch mit einem neu gefassten § 91 StGB ( geltende Fassung) die Anleitung zur Begehung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat mit bis zu 3 Jahren Freiheitsstrafe bedroht werden. Das soll so weit gehen, dass auch der bestraft werden soll, wer sich eine solche Anleitung (zum Beispiel durch Herunterladen aus dem Internet) verschafft, um eine solche Gewalttat zu begehen (§ 91 Abs. 1 Nr. 2 StGB (neu)).

Die Strafbarkeit des Verschaffens (und des Besitzes) von Gegenständen ist sonst nur bei Waffen ( WaffG, Kriegswaffenkontrollgesetz), Giften ( BtMG, GÜG) oder wegen kinder- und jugendpornographischer Schriften bekannt ( §§ 184b Abs. 4, 184c Abs. 4 StGB). Ob es mit der Meinungsfreiheit in Einklang zu bringen ist ( Art. 5 GG), die auch die Informationsbeschaffungsfreiheit umfasst, auch das Verschaffen von Anleitungen zu bestrafen, ist mehr als fragwürdig. Das gilt besonders für neutrale Schriften, die sich nicht offen zu bedrohlichen Handlungen bekennen.

Der neue § 89a StGB soll auch in die Straftatenkataloge der §§ 100a Abs. 2 Nr. 1a) ( Überwachung der Telekommunikation) und 100c Abs. 2 Nr. 1a) StPO ( großer Lauschangriff) aufgenommen werden.
 

 
Die geplanten Straftatbestände erweitern das Strafrecht in Richtung auf das Gesinnungsstrafrecht, was dann gerechtfertigt ist, wenn sie besonders bedrohliche Vorbereitungshandlungen betreffen. Im Hinblick auf die "Aufnahme von Beziehungen" und des "Verschaffens von Anleitungen" entfernt sich die Strafbarkeit im Vorfeld so stark von der gefährlichen Handlung, die dadurch verhindert werden soll, dass ich jedenfalls ernsthafte Bedenken dagegen habe, dass sie noch mit rechtsstaatlichen Grundsätzen und Grundrechten im Einklang stehen.

Mühlbauer (5) formuliert ein Beispiel, bei dem auch "Internet-Verbindungsdaten" ausgewertet werden und ein "Online-Trojaner" zum Einsatz kommt. Das ist eine billige Angstmache.

Eine Verkehrsdatenerhebung nach § 100g StPO ist, wenn das BVerfG die Vorschrift hält (6), nur wegen Straftaten erheblicher Bedeutung oder solchen zugelassen, die mittels Telekommunikation begangen werden. Sie wäre also zulässig.

Nicht zulässig hingegen wäre die Verwertung von Erkenntnissen im Zusammenhang mit der Online-Durchsicht (7), weil die Maßnahme im Strafverfahrensrecht nicht zugelassen ist und § 161 Abs. 2 StPO auch die Verwertung von Erkenntnissen untersagt, wenn sie nach den Vorschriften anderer Verfahrensordnungen zulässig erhoben wurden. Aber darüber habe ich mich schon mehrfach aufgeregt (8).
 

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(1) Zypries: Einigung zu neuen Straftatbeständen im Staatsschutzstrafrecht, BMJ 19.12.2008;
siehe auch Einigung über Strafbarkeit von Terrorcamps und Online-Anleitungen zum Bombenbau, Heise online 20.12.2008

(2) Kritik am Generalbundesanwalt

(3) Peter Mühlbauer, Zypries und Schäuble wollen "Beziehungen" zu verbotenen Vereinigungen unter Strafe stellen, Telepolis 20.12.2008

(4) neue Strafvorschriften gegen Terroristen geplant, terroristische Ausbildungslager
 

 
(5) siehe (3)

(6) auch Einschränkungen für die Gefahrenabwehr

(7) Mit Hängen und Würgen und unbrauchbar

(8) Überblick: Meldungen zur Onlinedurchsuchung
 

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© Dieter Kochheim, 11.03.2018